Das war die Großtrappenexkursion 2010…

Großtrappenseminar ins Havelländische Luch
30. April – 2. Mai 2010

Viele Vogelarten in Deutschland sind mittlerweile selten geworden, viele findet man auf Grund ihrer Vorliebe für bestimmte Lebensräume nur noch in einigen wenigen Gegenden des Landes.

Mit der Großtrappe, dem größten flugfähigen Vogel der Welt, verhält es sich so ähnlich. Nur noch 112 Individuen gibt es in drei Gegenden in Deutschland: Im NSG „Belziger Landschaftswiesen“, im SPA „Fiener Bruch“ und eben dem „Havelländischen Luch“, wo wir waren – alle drei befinden sich westlich von Berlin.

Wir wollten uns an diesem Wochenende auf die Suche nach diesem etwas schrägen Vogel machen und nebenher noch die Flora und Fauna der Region entdecken.

Die Anreise in das kleine Dorf Garlitz, wo unsere Ferienwohnung lag, musste entweder mit dem Auto über viele Kilometer leere Landstraße oder mit dem Fahrrad vom Bahnhof Buschow in 7 km Entfernung erfolgen. Garlitz liegt also in der gähnenden Leere Brandenburgs – mitten im Zentrum des Havelländischen Luchs und in Gehentfernung zu mindestens einem Großtrappen-Beobachtungsturm.

Noch vor dem Frühstück gingen wir am Samstag in aller Frühe zum kleineren der beiden Beobachtungstürme und hatten einen ersten Einblick in das Gebiet. Neben den ersten Trappen in größtenteils weiter Entfernung, konnten wir auch schon erste weitere typische Arten dieser extensiv bewirtschafteten und weitläufigen Wiesenlandschaft mit vielen Hecken beobachten: Braunkehlchen, Grauammer, Nachtigall, Rotmilan, Schwarzmilan.

Eine intensivere Beschäftigung mit der Großtrappe sollte dann im Infozentrum des Vereins für Großtrappenschutz erfolgen. Leider konnten weder der dortige Vortrag noch die Infos auf dem Turm unseren Ansprüchen so richtig gerecht werden. Es schien uns im Großen und Ganzen eine sehr eingeschränkte Sicht auf den Naturschutz der Region von diesem Verein gepflegt, dessen Mitarbeiterin zudem nicht gerade durch darüber hinaus gehendes Faktenwissen glänzen konnte. Da hatten wir wirklich etwas mehr erwartet.

Glücklicherweise sind wir ja alle schon groß und können uns auch gegenseitig all die Vögel, Schnecken, Pflanzen etc. zeigen und bestimmen sowieso. So haben wir vom zweiten Beobachtungsturm dann nicht nur viele sogar balzende Großtrappen beobachten, sondern z.B. auch den schaukelnden Flug der Wiesenweihe, die ebenfalls in dem teilweise eingezäunten Trappenarial brütet, sehen dürfen.

Bei einer Radtour durch die weitere Umgebung lernten wir im Laufe des Tages auch weitere Orte dieser Gegend kennen und verbrachten sehr viel Zeit bei Nennhausen im kleinen Naturschutzgebiet Graninger See. Hier machten wir ausgiebig Pause, fanden verschiedene Pflanzen (wir übten uns in der Bestimmung von Gräsern im vegetativen Zustand), beobachteten Insekten (wir versuchten u.a. das Insekt des Jahres 2010, nämlich den Ameisenkönig, zu erwischen) und schauten Schnecken und Vögeln hinterher. Auch eine Ringelnatter genoss zwar die Sonnenstrahlen, dann aber ihre Rolle als Fotomodell eher weniger. Einzig die Mücken trübten die entspannte Zeit etwas.

Mittlerweile hatten wir ein zweites Auto zur Verfügung, so dass wir die Pläne für Sonntag etwas ausgestalten konnten und uns mit Hilfe des Buches „Vögel beobachten in Ostdeutschland“ für den Rietzer See als Ziel entschieden. Die zeitige Abfahrt lohnte sich dann in jeder Hinsicht. Wir umrundeten diesen See und das dazugehörige Schilfgebiet NSG Streng in etwa 3-4 Stunden und konnten in dieser Zeit noch weitere Highlights der avifaunistischen, wochenendlichen Artenliste hinzufügen: Schilfarten wie Drossel-, Schilf- und Teichrohrsänger, Rohrschwirl und Bartmeise, dazu alle drei Sumpfseeschwalben, Rot- und Schwarzhalstaucher sowie Trauerschnäpper, Eisvogel und Baumfalke.

Das malakologisch wertvollste Highlight am Ufer des Rietzer Sees war der Fund einer bizarren Bernsteinschnecke, dessen angeschwollene Fühler merkwürdig pulsierten.

Ein Freudenschrei ging durch die kleine Gruppe, sahen viele von uns den Parasiten Leucochloridium paradoxum, der die Bernsteinschnecke als Zwischenwirt nutzt, nun zum ersten mal in echt und real vor sich. Dieser Saugwurm, dessen Ziel es ist, von einem Vogel gefressen zu werden, um in ihm weiter parasitieren zu können, verlängert seine Sporozysten so in die Fühler der Bernsteinschnecke, dass diese anschwellen und pulsieren, um von einem Vogel schnell entdeckt und gefressen zu werden. Ein unglaublich faszinierender Anblick und mal eine willkommene Ergänzung zur sonst dominierenden Faszination der Avifauna.

Schaut es euch an:

Der Rückweg geriet dann schon zur Verabschiedung, da viele ihre Züge bekommen mussten, um abends noch rechtzeitig zu Hause zu sein.

Wir können auf jeden Fall auf ein äußerst artenreiches Wochenende mit vielen Highlights zurückblicken und haben gemerkt, dass Naturschutz unbedingt immer auch reflektiert werden sollte, wenn man diesen ganzheitlich betreiben möchte.

Text von: Manuel Tacke, Maria Boness

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